Malerin Barbara Meiler schenkt St.-Michaelis-Gemeinde das Bild »Erde-Schicksal-Mensch«
Cristine Fauerbach
Nackte weiße Wände und eine zweckmäßige Einrichtung, so präsentierte sich Besuchern bis Ostern der Gemeindesaal der evangelischen St. Michaelis-Gemeinde in Klein-Karben. Seit Ostermontag schmückt das in warmen Tönen gemalte Bild „Erde-Schicksal-Mensch“ die Stirnwand. Vor drei Jahren gemalt und jetzt der Kirchengemeinde gestiftet hat es die Künstlerin Barbara Meiler. Das 140 mal 100 Zentimeter große Bild ist in Mischtechnik auf Leinwand gemalt. Es schmückt den Raum und zieht alle Blicke auf sich. Pfarrer Werner Giesler stellte das Kreuzbild im Gottesdienst vor. Das sich Verändernde, Fragmentarische in ihrem Bild, lässt der Fantasie der Betrachter genügend Raum für eigene Assoziationen. Pfarrer Giesler stellte in seiner Predigt einen Bezug zwischen dem dargestellten Kreuzbild,den Emmaus-Jüngern und der Auferstehung Jesu her. „Das Bild von Barbara Meiler zeigt uns etwas Gegenständliches, ein Kreuz. Und zugleich bringt es uns etwas nahe, war wir nicht sehen können. Was wir nur empfinden, denken, fühlen können.“ Nur das Kreuz könne der Betrachter zweifelsfrei wieder erkennen, alles Andere bleibe Vermutung, Interpretation. Die das Kreuz umgebenden ungefassten, scheinbar willkürlichen Farbflächen spiegelten die unsichere Empfingungs- und Gefühlswelt wider. Einmal sei diese dunkelgrau dargestellt und mache das Herz schwer, ein anderes Mal lasse sie uns goldglänzend in Jubel ausbrechen. Reduziert auf das Gegenständliche, bliebe das Kreuz zurück. Es symbolisiere den Schrecken, den die Emmaus-Jünger vor Augen hatten. „Kreuze sind Folter und Hinrichtungsgegenstände.“ Was die Jünger nicht sehen, ist die Herrlichkeit, von der Christus spricht. Sehen ist nicht erkennen. Zum Erkennen gehört mehr.“
Um zu sehen, was die Augen nicht wahrnehmen, müsse man seinen Geist, seine Seele öffnen. “Denn wir Menschen sind mehr als unsere Sinne, und das Leben ist mehr als die Wahrnehmung mit den Sinnen.“ Barbara Meilers Bild gewinne die bloße Form des Kreuzes erst durch das Abstrakte in ihm, die Farben und Flächen, Bedeutung. “Da ist das Dunkle, das von der oberen linken Ecke in das Bild hineinragt, wie ein Abgrund, oder wie ich es sehe, wie die Öffnung einer Grabeshöhle. Keine einheitliche Fläche.“ Neben den braunen Tönen geben kleine grüngraue Flächen, dunkelbraune, neben rötlichbraunen, dem Bild Abgrundtiefe. Diese Farben ragten ein wenig ins über dem Abrund leuchtende Kreuz hinein. Damit stelle das Bild „Erde-Schicksal-Mensch“ alle erfahrungsmäßigen Vorstellungen auf den Kopf. „Nach unten wird das Bild immer heller, bis es in der unteren rechten Ecke das Blau des Himmels annimmt. Das Dunkle oben, der Himmel unten und darüber ein Lichtkreuz. Verkehrte Welt. Anstößig. Widerspruch unserer Erfahrung, aber damit zugleich ein Anstoß zu einer neuen anderen Sicht“, sagt der Pfarrer.
Das Bild zeige den Himmel, Gottes Reich, nicht irgendwo oben weit entfernt von uns Menschen, sondern unter uns. Mitten im Dunkeln immer auch schon das Blau des Himmels und das Gelb des Gotteslichtes, das unsere Kreuze überstrahlen will. In der Not, im Leid, im Dunkel sei schon der mögliche Wechsel, das Heil zu sehen und mitten im Leben erfahrbar. Die Anordnung des Dunklen oben mache deutlich, von was sich der Mensch beherrschen lasse, was sein Tun und Denken oftmals bestimme. Die Sorge ums Tägliche, der Überlebenskampf. Alle diese Sorgen haben etwas Erdrückendes: Das machte Christus den Emmaus-Jüngern klar. Wer so lebt in der Sorge, der wird erdrückt. Der ist ein Tor. Betrachte man das Bild von Barbara Meiler mit diesem Wissen, sehe man, dass das Kreuz seine Schwere verloren habe und schwebe. Es sei nicht mehr Zeichen des Todes, sondern der Auferstehung zu einem neuen Leben, so der Pfarrer. (Auszug)
16.04.2009, Wetterauer Zeitung