Christine Fauerbach
Die Doppelausstellung „Sinnlichkeit des Seins“ im Nebbienschen Gartenhaus zeigt Werke der im Karbener Stadtteil Rendel lebenden Malerin Barbara Meiler und der seit 1972 in Frankfurt lebenden Bildhauerin Anka Schoneweg Merk. In den Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens haben beide Frauen Menschen in unterschielichen Lebens- und Arbeitsprozessen und in der Widersprüchlichkeit des irdischen Seins gestellt. Unter dem Titel „Fingermalerei“ führte die Kunsthistorikerin Dr. Roswitha Nees die zahlreichen Ausstellungsgäste in die Bildsprache von Meiler ein. Die „Sinnlichkeit der Farben“, ein wahrer Farbenrausch und die stake Bewegung in den Gemälden von Barbara Meiler seien offenkundig. Sinnliche Erfahrungen während des Malvorganges erlaubten Augen- und Tastsinn, Impulse unvermittelt und simultan aufzunehmen und den Bildern jene Ausstrahlung zu verleihen, welche die Künstlerin mit „Sinnlichkeit des Seins“ umschreibe. Im Gemälde „Tanz in das eigenständige Leben“ strömten die Farben von unten in das Bild hinein und verdichteten sich in weitem Bogen zu einer weiten schwungvoll nach oben gerichteten Bewegung. Aus weiblicher Sicht, durch rote Schuhe, habe sie das Motiv des „Lebenstanzes“ aufgegriffen und interpretiert. So werde der bekannte Topos aus der Kunstgeschichte, den Munch, Kirchner und Matisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts als immer wiederkehrenden Kreislauf oder fröhlichen Reigen thematisierten, auf ein Paar rote Schuhe reduziert. Diese stünden symbolisch für die vielen „kleinen Schritte in die gleiche Richtung, die notwendig sind, um zur Eigenständigkeit zu gelangen.“ Die Personen in den Bildern der Karbener Künstlerin lassen sich laut Nees nicht fassen, sie seien im Wandel begriffen und entzögen sich so einer eindeutigen figürlichen Interpretation. Viele der gezeigten Bilder hätten einen psychologischen Hintergrund.
Anliegen von Barbara Meiler ist es, Gefühle und Empfindungen in eine bildnerische Aussage zu transformieren und nicht bloß das optisch Wahrgenommene abzubilden. Dem weiblichen Akt kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die Künstlerin zeigt ihn meist als Fragment oder Torso, der um seiner selbst Willen thematisiert wird und zugleich Metapher für das wandlungsreiche Verhältnis zwischen Mann und Frau ist wie beim Bild „Vereint“, bei dem kraftvolle Farbspuren ein sich umarmendes Paar imaginieren. Nees ordnet die Arbeiten der Künstlerin inhaltlich dem Symbolismus zu. Sie zeigten eine Gratwanderung zwischen expressiver Farbgestaltung und impressionistischer Formauflösung, wie gut am Triptychon „Der Flötenspieler“ zu sehen sei.
15.04.2003, Wetterauer Zeitung